Gemmotherapie

Vor einiger Zeit veröffentlichte ich einen Blog-Beitrag über Micro-Greens, also Keimlinge. Dabei ging es um deren Wert in der Ernährung und ihren Nutzen für die Papageiengesundheit. Um bei der Pflanzenkunde zu bleiben, der Beitrag war eigentlich nur ein „Ableger“ eines Blogbeitrages, an dem ich seinerzeit arbeitete. Es war dieser aktuelle hier, der eigentlich in meinem Fokus stand. Denn ich hatte gerade einige Artikel gelesen und gute Gespräche mit Kollegen bezüglich der Gemmotherapie geführt und wollte meine Erfahungen mit der Papageien(halter)welt teilen.

Wie bereits im vorangegangenen Blog-Artikel geschrieben, handelt es sich bei der Gemmotherapie um eine Form der Phytotherapie. Bei ihr wird ausschließlich junges, teilungsfähiges Gewebe von Pflanzen, das in den Knospen, jungen Sprossen und Trieben sowie in wachsenden Wurzelspitzen zu finden ist, verwendet.

Umfragen in Papageiengruppen, Gespräche mit Kollegen und Haltern und Beobachtungen bei den eigenen Tieren zeigten mit, dass von unseren Vögeln vorzugsweise frische Triebe, Knospen und machmal auch Blüten beknabbert werden. Also der Teil der Pflanze, der voller frischem Leben steckt.

Frische Zellen waren auch die Grundlage der Idee zur Gemmotherapie. Der schweizer Arzt Dr. Paul Niehans beschäftigte sich lange mit der Frischzellentherapie und sie war viele Jahre sehr beliebt. Allerdings arbeitete er bei dieser mit tierischen Embryonalzellen. Ziel war es, die Immunabwehr zu stärken.

Diese Idee griff der belgische Arzt Dr. Pol Henry auf und entwickelte sie weiter. Allerdings war Dr. Henry ein großer Fan der Pyhtotherapie und Homöopathie, weshalb seine Arbeit sich auch auf die frischen Zellen von Pflanzen stützte. Er erzeugte Pflanzenauszüge und machte diese haltbar. Anschließend konnte er mit zahlreichen Studien beweisen, dass das teilungsaktive embryonale Knospengewebe eine Kraft enthält, die das Pflanzenwachstum fördern und im menschlichen Körper die Stoffwechselvorgänge anregen kann. Je nach verwendeter Knospe konnte so eine Stärkung, Verjüngung oder Regeneration innerhalb des Organismus erzielt werden. Die Phytoembryopathie war geboren.

Fast in Vergessenheit geraten, stieß viele Jahre später der französiche Arzt Dr. Tetau auf die Phytoembryopathie. Weil sich in den Pflanzenauszügen die gesamte Heil- und Regenerationskraft einer Pflanze befindet, empfand er den eigentlichen Begriff „Phytoembryopathie“ als unpassend und nannte das Verfahren Gemmotherapie. „Gemma“ kommt aus dem lateinischen und bedeutet Juwel (oder Knospe). Der Begriff bringt schon zum Ausdruck, welche Energie und vor allem, welcher Wert hinter dieser Therapieart steckt.

Was aber sind die wertvollen Wirkstoffe in den Knospen, was verleiht der Gemmotherapie einen so großen Wert für die Gesundheit?

Die jeweilige Saison ist für die Pflanzen nicht sehr lang, in der zur Verfügung stehenden Zeit muß sie, bei ausreichend Sonnenlicht und Wärme, ein möglichst schnelles Wachstum erzielen. Verantwortlich dafür sind vor allem Phytohormone. Aber auch andere sekundäre Pflanzenstoffe sind hilfreich, um z.B. Farben oder Düfte zu generieren, die bestäubende Insekten und Vögel anlocken und Schädlinge abwehren. Wie alles in der Natur, ist auch das „Konzept Pflanze“ zum Erhalt der eigenen Art gemacht, also Wachstum und Vermehrung. Hier mal eine kleine Liste der hilfreichen Pflanzenwirkstoffe.

Abszisinsäure:

Dient der Eiweißspeicherung und verschafft der Knospe Ruhe für die Samenkeimung.

Auxine:

Sie sind ein Schutz gegen Bakterien, Viren und Pilze, fördern das Streckungswachstum von Stängeln und Wurzeln und regen das Aufbrechen der Knospen, sowie deren Reifung an.

Cytokinine::

Regulieren den Wasserhaushalt und regen durch Eiweißsynthese die Zellteilung an, was wiederum Knospenbildung und Waschstum fördert.

Gibberelline:

Dass eine Pflanze in Richtung Licht wächst, verdanken wir ihnen, ebenso das gesamte Längenwachstum.

Ätherische Öle:

entfalten antimikrobielle und antientzündliche Effekte, hier vor allem auch Terpene wie z.B. Betulin und Carotinoide

Bitterstoffe:

Regen die Leber an und regulieren die Verdauung

Cumarine und Harze:

Haben vor allem einen blutverdünnenden Effekt.

Zusätzlich enthalten die Knospen noch Vitamine und Mineralstoffe, Spurenelemente, Aminosäuren, Enzyme, organische Säuren und Chlorophyll.

In der Naturheilkunde finden Knospen auf verschiedenste Weise schon seit Jahrhunderten Anwendung und bekannte Heiler wie Hildegard von Bingen oder auch Paracelsus beschreiben oft die Heilkraft eben dieser Knospen.

Während man in der Gemmotherapie jetzt aus den Knospen über verschiedenste Auswahl- und Herstellungswege Pflanzenauszüge erstellt, bietet sich bei der Papageienernährung ein viel einfacherer Weg. Man nutzt die Saison und pflückt gelegentlich die eine oder andere Knospe ab. Wer sich unsicher ist, bekannte Pflanzen für Tee z.B. sind Hagebutte, Kamille, Brennnessel aber Obstbäume wie Apfel, Birne, etc.. Deren Knospen und Blüten können problemlos auch an die Tiere verfüttert werden. Oder aber man stellt wirklich einen Tee aus ihnen her, lässt diesen abkühlen und reicht ihn als Trinkwasser seinen Vögeln. Übrigens können Knospen und Blüten auch getrocknet (z.B. mit dem Dörrautomaten) oder eingefroren werden und so kann man für karge Zeiten die, für die Gesundheit, nützlichen Helfer haltbar machen.