Die Mistel: Von Krebstherapie und Hilfe bei Arthrose
Bei einem Spaziergang im Herbst und Winter, wenn die Laubbäume ihre Blätter verlieren, sehen wir eine Pflanze, die sonst im Hintergrund unbemerkt bleibt:
die Mistel, wissenschaftlich auch Viscum album genannt. Doch schon in der antiken Mythologie galt die scheinbar unscheinbare Pflanze als heilig und wurde von Druidenpriestern als Heilpflanze verehrt.
Mistelpräparate werden in der Medizin seit Jahrhunderten in unterschiedlichen Behandlungssituationen eingesetzt. Auch der berühmte griechische Arzt Hippokrates von Kos experimentierte mit einer mysteriösen Pflanze.
Der Anstoß für den Einsatz des Viscum album in der Krebsbehandlung kam 1916 von Dr. Rudolf Steiner. Steiner stellte die Hypothese auf, dass Misteln Wirtsbäume auf die gleiche Weise parasitieren wie Krebs den Patienten. Denn die Mistel lebt als Halbparasit auf Bäumen und breitet sich wie ein Tumor aus, ähnlich einem metastasierenden Krebs im Körper eines Lebewesens. Entgegen aller Logik sprießen Misteln unabhängig von der Jahreszeit wie verrückt auf Bäumen – wie menschliche Tumore. Die Mistel entzieht ihrem Wirt (dem Baum) Wasser und lässt ihn so auf lange Sicht verhungern, genau wie Krebs den menschlichen Körper befällt.
In Anlehnung an die 1796 von Samuel Hahnemann erstmals explizit formulierten Regel der Homöopathie: „Similia similibus curentur“ – „Ähnliches soll mit Ähnlichem geheilt werden“, kommt Steiner zu dem Schluss, dass dieser geniale, aus der Natur stammende Mechanismus, durch den die Mistel ihrem Wirtsbaum Energie entzieht, möglicherweise auch Tumoren ihre Überlebensfähigkeit raubt.
Doktor Ita Wegman griff diese Idee auf und entwickelte 1917 zusammen mit einem Züricher Apotheker das erste Mistelpräparat.
Basierend auf weiteren Anregungen von Rudolf Steiner und Forschungen von Ita Wegman wuchs das Wissen über die Wirkung und Herstellung von
Mistelpräparaten stetig. Einerseits haben Wissenschaftler die entzündungshemmende Wirkung dieser bescheidenen Pflanze entdeckt.
Andererseits fanden sie auch heraus, dass die Mistel einige mit Tumoren vergleichbare Eigenschaften aufweist. Auch die Mistel wächst unkontrolliert, hat weder Blutgefäße noch eigene Rhythmen und bildet spezifische Proteine wie Lektine und Mucine.
Beiden Mistelproteinen wird eine medizinische Bedeutung zugeschrieben. Denn: Ihnen werden zellzerstörende Wirkungen nachgesagt, die das Immunsystem beeinträchtigen. So soll beispielsweise Mistelextrakt in der Lage sein, bei Tumorzellen einen kontrollierten Zelltod – auch Apoptose genannt – auszulösen.